Wie du ein Lokalmedium startest, indem du eine Community startest
In diesem Guide liest du, wie du mit dem Ansatz „Community-Building first” ein neues Lokalmedium starten kannst.
Wenn Journalisten ein neues Lokalmedium starten, neigen sie dazu, viel zu groß zu denken. Wie soll die Webseite aussehen? Welche Rubriken brauchen wir? Und wie heißen wir eigentlich? Alles wichtige Fragen - für später. Am Anfang ist aber etwas anderes viel entscheidender: Der Aufbau einer Community. In diesem Guide lernst du, wie du eine einfache lokale Newsletter-Publikation aufbaust, indem du mit Community-Building anfängst.
Wer Community-zentriert arbeiten möchte, kann von Beginn an die Weichen dafür stellen. Wirklich direkt als Erstes. Beziehungen zum potenziellen Publikum, zur potenziellen Community aufzubauen, kann der erste Schritt zu einem neuen Lokalmedium sein. Gerade für Journalisten, die in Verlagsstrukturen und großen Medienhäusern ihr Handwerk gelernt haben, klingt es erstmal ungewöhnlich, wenn nicht gar furchteinflößend. Wir finden nicht unser Publikum, indem wir Inhalte produzieren. Wir finden erst unsere Community und dann mit ihnen zusammen die Inhalte.
Mit einem lokalen Newsletter starten
Newsletter haben sich im Journalismus schon längst von einem reinen Marketingtool zu einem eigenständigen journalistischen Produkt entwickelt. Beim Bürgerportal Bergisch Gladbach ist der morgendliche Newsletter das wichtigste Produkt mit täglich rund 16.000 Leserinnen und Lesern. Auch bei Tsüri.ch und Bajour ist das tägliche und kostenlose „Briefing” zentraler Bestandteil der Strategie, um neue zahlende Mitglieder zu gewinnen. Viernull verschickt seine „Geschichte des Tages” jeden Morgen pünktlich an die (zahlende) Community, bei der das Öffnen des Newsletters längst zur morgendlichen Routine geworden ist. Und Rums hat sich sogar als reines Newslettermedium gegründet, das drei mal in der Woche den Rums-Brief verschickt.
Mit einem Newsletter zu starten, hat einige Vorteile.
Vor allem ist es günstig. Du brauchst am Anfang nicht viel Geld ausgeben, um dir eine aufwändige Website bauen zu lassen. Eine einfache Landingpage mit einem Anmeldefeld für den Newsletter reicht vollkommen aus.
Ein weiterer Vorteil ist, das eine Newsletter-Publikation dem Ansatz entgegen kommt, ein neues Lokalmedium mit dem Aufbau einer Community zu beginnen. Indem du am Anfang gezielt E-Mail-Adressen sammelst, bekommst du einen viel direkteren, persönlicheren Draht zu deiner kleinen Start-Community. Du kannst persönliche Botschaften senden und die Leute so viel enger an dich binden.
Außerdem landest du mit allem, was du veröffentlichst, direkt im Postfach der Menschen. Du bist nicht auf die Algorithmen von Social-Media-Plattformen abhängig, musst dich am Anfang nicht groß um SEO scheren. Du hast selbst die absolute Kontrolle darüber, wie du dein Publikum erreichst.
Im Gegensatz ist es, gerade für Lokalmedien, extrem aufwändig (und damit teuer) eine nennenswerte Reichweite zum Beispiel bei Social Media aufzubauen. Als kleine Organisation das Spiel der großen Plattformen erfolgreich mitzuspielen, ist so gut wie unmöglich und in vielen Fällen Zeit und damit Geldverschwendung. (Was nicht heißt, dass Social Media nicht wichtig ist. Du solltest dich am Anfang einfach nicht zu sehr damit aufhalten, sondern deine Energie lieber in den Aufbau eines Newsletter-Publikums stecken.)
Das gute an dem Newsletter-Ansatz ist also, dass so wirklich jeder anfangen kann. Die Markteintrittshürden sind extrem gering. Auf dem Newsletter aufbauend kann das Angebot mit der Zeit immer weiter wachsen.
In fünf Schritten zu deinem Lokalmedium?
Wohl kaum. Dafür ist das Thema dann doch zu komplex. Fünf Schritte reichen dafür nicht aus. So ehrlich müssen wir an dieser Stelle sein.
Uns geht es hier darum zu erklären, wie das Prinzip „Community-Aufbau-first” funktioniert. Dafür haben wir fünf Schritte identifiziert:
1. In kurzer Zeit vom Plan zum Launch
Die grundlegende Idee hinter unserer Methode ist, so schnell wie möglich mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Deshalb brauchst du weder lange zu warten, noch zu viel im voraus planen. Es geht gerade darum, dass dein neues Projekt im Dialog mit deiner Community entsteht.
Seien wir ehrlich: Wahrscheinlich hast du schon eine mehr oder weniger konkrete Idee im Kopf, wie dein neues lokales Informationsangebot aussehen soll. Das ist völlig okay. Behalte diese Idee im Kopf. Wir möchten dich aber ermutigen, ab jetzt wirklich offen an die Sache heranzugehen. Wie bei einer journalistischen Recherche, bei der du vorher auch eine These aufstellst, aber trotzdem ergebnisoffen recherchierst und irgendwann vielleicht akzeptieren musst, deine These anzupassen oder auch komplett zu verwerfen.
Plane eine „Zuhör-Tour”
In Schritt 2 und 3 wird es darum, mit möglichst vielen, aber auch den richtigen, Menschen ins Gespräch zu kommen und so das Fundament für deine Community zu legen. Um das systematisch anzugehen, kannst du dich etwas vorbereiten.
Überlege dir zuerst: Wo und wann kann ich viele Menschen erreichen?
Erstelle dir dafür eine Liste mit Orten, an denen du glaubst, dass sich dort deine potentielle Community trifft. Das kann der Wochenmarkt, ein Café, eine Bücherei, ein Supermarkt oder sonstwas sein. Die NGO More in Common, die zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft forscht, hat Menschen gefragt, wo sie regelmäßig unterwegs sind. Auf der Grafik unten siehst du, was die Befragten geantwortet haben.

Erstelle eine Liste mit konkreten Orten, die du besuchen möchtest, um dort Menschen systematisch zuzuhören. (Das Listening Post Collective aus den USA empfiehlt sogar, eine Karte deiner Umgebung mit diesen Orten zu erstellen. Das geht zum Beispiel mit Google Maps.)
Außerdem kann es hilfreich sein, eine zweite Liste mit Veranstaltungen in den nächsten Wochen und Monaten zu erstellen, an die du andocken könntest.
Diese Vorbereitung hilft dir später, weil du nicht ständig neu überlegen musst, wo du hingehen willst.
Triff Entscheidungen für dein Toolstack
Da du dich am Anfang vor allem damit beschäftigst, eine Community aufzubauen, brauchst du ein Toolstack, das dazu passt.
Zuerst solltest du dich für ein Newsletter-Tool entscheiden. Es gibt viele, die alle mehr oder weniger das gleiche können. Wir würden dir Ghost empfehlen. Das ist ein Newsletter- und Publishing-Tool, das speziell auf die Bedürfnisse von kleinen, unabhängigen Medien zugeschnitten ist.
Mit Ghost kannst damit nicht nur besonders leicht Newsletter verschicken, sondern auch eine einfache, optisch ansprechende Landingpage bauen. Das ist alles, was du am Anfang brauchst, du musst dir keine Gedanken machen, wer dir eine Wordpress-Seite mit CMS aufsetzen kann oder tausende von Euro dafür ausgeben. Gleichzeitig bietet Ghost aber genug Flexibilität, um dein Medium später auszubauen und wachsen zu lassen.
Es kann auch hilfreich sein, direkt mit einem CRM zu starten. Ein Customer-Relationship-Management hilft dir dabei, deine ganze Community zu verwalten.
Ein CRM einzusetzen, mag am Anfang zu viel des Guten wirken. Es lohnt sich aber, seine Community-Datenbank von Anfang an professionell aufzusetzen. Im Zweifel kannst du aber auch erstmal mit einer gut sortierten Excel-Liste starten, mit der zu Schritt 2 übergehst.
2. Beziehungen aufbauen (zu den richtigen Leuten)
In jeder Community gibt es Menschen, die mehr hervorstechen, als andere. Oft, weil sie eine exponierte Position haben, z.B. ein offizielles Amt oder weil sie gesellschaftlich besonders aktiv sind. In der politischen Theorie würde man diese Menschen Meinungsführer nennen, im klassischen Marketing Multiplikatoren und in sozialen Medien Influencer.
In Communities kann es sehr individuell sein, wer zu dieser Gruppe gehört. Es können die Vorsitzenden von Vereinen oder lokalen Initiativen sein, engagierte Lokalpolitiker, lokale Geschäftsleute wie Café-Betreiber, Kneipenwirte, Buchhändler, aber auch Künstler oder „Stadtteil-Kümmerer“, also Menschen, die gesellschaftlich aktiver sind, als andere. Diese Menschen zu identifizieren, ist deine erste Aufgabe.
Starte mit deiner Community-Datenbank
Erstelle eine Liste mit allen Namen, die dir einfallen. Das kann eine einfache Tabelle sein, in die du den Namen, die Funktion der Person (also den Grund, warum sie auf der Liste steht) und die Kontaktdaten einträgst. Um den Überblick zu behalten, solltest du auch zwei Spalten anlegen, in denen du vermerkst, ob du die Person bereits kontaktiert hast und ob ihr bereits miteinander gesprochen habt.
Gespräche führen
In den Gesprächen mit den Meinungsführern geht es im Kern um zwei Dinge:
Etwas über das Informationsbedürfnis der Community herausfinden, für und mit der du Journalismus machen willst.
Ein erstes Netzwerk aufbauen, andere von deinen Ideen zu begeistern und so Grundsteine für mögliche Kooperationen zu legen.
Gute Kontakte zu Meinungsführern und Multiplikatoren können dir im weiteren Verlauf helfen, zum Beispiel bei einer ersten Spenden- oder Mitgliederkampagne, aber auch bei ganz praktischen Herausforderungen: Vielleicht hilft dir eine lokale Marketingagentur pro bono bei der Entwicklung eines Logos oder deiner ersten Website, oder du kannst in einer Kneipe deine ersten kleine Community-Events organisieren.
Die Gespräche können immer ähnlich ablaufen. Erzähle, dass du ein neues Lokalmedium aufbauen willst, das auch Partizipation und gesellschaftliches Engagement fördert und erkläre auch, an welcher Stelle du gerade stehst und worum es bei eurem Gespräch geht. Dann solltest du aber vor allem viele Fragen stellen. Versuche zu erfahren, wie dein Gegenüber die aktuelle Informationsversorgung in der Community einschätzt und was aus seiner Sicht die drängendsten Themen sind.
Beziehungsaufbau und Netzwerkarbeit ist nicht jedermanns Sache. Um dir den Einstieg zu erleichtern, kannst du mit Menschen starten, die du schon besser kennst. So gewinnst du Sicherheit. Hilfreich ist auch, einen Gesprächsleitfaden zu entwickeln, den du zu jedem Gespräch mitnimmst. Hier findest du eine Liste mit Beispielfragen:
Zum Ende des Gesprächs solltest du auf jeden Fall fragen, ob, und wenn ja, wie, sie sich einbringen können und wollen. Vielleicht hast du auch selbst konkrete Ideen, wobei dein Gesprächspartner dir helfen könnte. Außerdem solltest du am Ende erklären, was deine nächste Schritte sind und fragen, ob du deinen Gesprächspartner per E-Mail auf dem Laufenden halten darfst. So können diese Kontakte die ersten Mitglieder deines E-Mail-Verteilers werden, also die ersten Leserinnen und Leser deines neuen Lokalmediums. Glückwunsch!
Gespräche dokumentieren
Nachdem du ein Gespräch geführt hast, solltest du die wichtigsten Erkenntnisse dokumentieren. Das kann ein einfaches Dokument sein, in das du deine Notizen überträgst oder auch einfach eine weitere Spalte in deiner Kontaktliste. Falls du direkt mit einem CRM startest: Die meisten bieten die Möglichkeit, Notizen zu einem Kontakt hinzuzufügen oder Kontakte entsprechend zu verschlagworten. Besonders wichtig ist es festzuhalten, ob du die Gesprächspartner per E-Mail kontaktieren darfst.
3. Raus auf die Straße (und unter Menschen)
Diesen Schritt kannst du auch gleichzeitig mit Schritt 2 beginnen. Die Überschrift ist absolut wörtlich gemeint: Gehe dorthin, wo Menschen unterwegs sind und komme dort mit ihnen in Kontakt.
Wenn du in Schritt 1 eine Karte erstellt hast (oder eine Liste mit Orten) kannst du damit beginnen: Überlege dir, wo du anfangen möchtest. Vielleicht kannst du einen kleinen Stand auf dem Wochenmarkt deiner Stadt aufstellen, bei einer Veranstaltung einen Stehtisch aufbauen oder dich am Samstag an den Ausgang eines Supermarktes oder mitten in die Fußgängerzone setzen? Du kannst auch einen Stammtisch in einer Kneipe reservieren oder die Betreiber eines Cafés um einen Tisch auf der Terrasse bitten. Hier ist deine Kreativität und deine Erfahrung gefragt.
Ideal wäre es, wenn du direkt von Beginn an einen permanenten Ort selbst erschaffen kannst, der zum Treffpunkt für deine Community wird. Das Bottrop-Briefing von CORRECTIV-Gründer David Schraven hat zum Beispiel mit einem kleinen Kaffeewagen auf dem Bottroper Wochenmarkt angefangen. Dieser wiederum ist in Kooperation mit Geschäftsleuten und Gastronomen rund um den Marktplatz entstanden. Vielleicht haben sich aus deinen Gesprächen in Schritt 2 schon Möglichkeiten für eine solche Kooperation angebahnt? Oder gibt es feste Veranstaltungen, an die du andocken kannst, z.B. ein Wochen- oder Feierabendmarkt?

Gespräche führen
Im nächsten Schritt musst du dir überlegen, wie du mit Menschen ins Gespräch kommst. Vielleicht kannst du ein Schild aufstellen auf dem steht „Welche Themen in unserer Stadt bewegen Sie? Erzählen Sie es mir?” und kostenlos oder für kleines Geld Kaffee und Croissants anbieten.

Wenn du weißt, wie du auf dich aufmerksam machst, solltest du dir überlegen, worüber du mit den Leuten sprechen willst. Entwickle dafür zuerst einen kurzen Fragebogen. Stelle Fragen dazu, wie sich die Leute informieren, welche Themen ihnen besonders wichtig sind und was ihnen in der sonstigen Berichterstattung vor Ort zu kurz kommt. Wir haben einen Beispielfragebogen erstellt, den du 1:1 benutzen oder für dich adaptieren kannst:
Hier findest du die Umfrage oben als Template für beabee:
Du bist beabee-Nutzer und möchtest das Template verwenden? Kontaktiere dafür einfach [email protected]
Hast du deinen Fragebogen erstellt, überlege dir, wie du ihn einsetzt. Hast du irgendwo einen kleinen Stand aufgebaut ist es eigentlich am schönsten, wenn du den Fragebogen im Gespräch mit den Leuten ausfüllst. Stelle deinem Gesprächspartner einfach die Fragen aus dem Fragebogen und fülle ihn an deinem Laptop oder Tablet aus. Um mehr Menschen gleichzeitig zu befragen, kannst du auch einen QR-Code mit Link zum Fragebogen ausdrucken und an deinem Stand auslegen. Das Listening Post Collective aus den USA empfielt, Postkarten oder kleine Zettel mit dem Fragebogen zu drucken. Bist du mit deinem Stand bei einer Veranstaltung, kannst du diese dann vorher auf den Tischen oder Stühlen verteilen und an deinem Stand oder am Ausgang eine Box für die ausgefüllten Postkarten aufstellen.
Deine Gespräche und der Fragebogen haben zwei Ziele:
Herausfinden, welche Themen die Menschen bewegen und wie sie sich informieren.
E-Mail-Adressen sammeln.
Wie weiter oben schon erwähnt, sind E-Mail-Adressen deine wichtigste Währung. Das heißt aber nicht, dass der Fragebogen und deine Gespräche nur Mittel zum Zweck sind. Ganz im Gegenteil. Du solltest dich wirklich damit beschäftigen, was die drängendsten Themen deiner Community sind. Im Idealfall kannst du so sogar direkt am Anfang ein erstes Thema identifizieren, mit dem du in die Berichterstattung einsteigen kannst oder das als Aufhänger für deine Kick-Off-Veranstaltung dienen kann.
Newsletter starten
Parallel zum Aufbau der Community über Gespräche und das Sammeln von E-Mail-Adressen, kannst du schon mit deinem Newsletter anfangen. Der kann am Anfang sehr rudimentär sein. Du kannst zum Beispiel einmal in der Woche davon berichten, was es Neues zu deinem Projekt gibt, wo du am Wochenende wieder deinen Stand aufbaust und was du in den Gesprächen lernst. Selbstverständlich kannst du auch erste Themen aufgreifen, von denen dir Leute in euren Gesprächen berichtet haben und dazu recherchieren und veröffentlichen. Das hängt nicht zuletzt auch von deinen Kapazitäten ab.
Einen Newsletter am Anfang nur an eine Hand voll Leute zu verschicken mag sich komisch anfühlen, ist aber wichtig: Dir geht es ja vor allem um den Aufbau einer Community. Das funktioniert nur, wenn du von Anfang an mit den Menschen in Kontakt bleibst. Wenn du erstmal wochen- oder sogar monatelang wartest, bis du genügend Kontakte zusammenhast, können sich die ersten schon nicht mehr an dich erinnern. Als Faustregel kannst du dir merken: Spätestens ein bis zwei Wochen, nachdem jemand dir deine E-Mail-Adresse gegeben hat, sollte die Person von dir eine erste E-Mail bekommen.
Online-Fragebogen
Wir glauben, dass es essentiell für den Erfolg dieses Ansatzes ist, vor Ort physisch präsent zu sein. Das heißt aber nicht, dass du nicht auch online mit deinem Fragebogen und der Newsletter-Anmeldung unterwegs sein kannst. Du kannst zum Beispiel die Meinungsführer aus Schritt 2 bitten, den Fragebogen in ihrem Netzwerk oder auf Social Media zu teilen. Gleichzeitig kannst du in deinem Newsletter darum bitten, dass deine Community anderen davon erzählt und den Fragebogen weiterschickt. Wir würden dir immer raten, den Großteil deiner Energie in die Begegnungen vor Ort fließen zu lassen, trotzdem gibt es hier die Chance, nochmal andere Kreise anzusprechen und zu aktivieren.
Nicht aufhören zuzuhören
Wann der richtige Zeitpunkt ist, zu Schritt 4 überzugehen, ist schwer zu sagen. Jede Community ist anders. Deshalb können wir dir keinen genauen Richtwert, z.B. eine genaue Zahl an Newsletter-Abonnenten, nennen, ab der es sich lohnt eine erste Community-Veranstaltung zu machen. Wichtig ist, dass du ein Gefühl dafür bekommst, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist.
Noch viel wichtiger als das ist aber: Mit Schritt 3 solltest du eigentlich niemals aufhören. Mit der Community in Kontakt zu bleiben, ihr die Chance zu geben, mitzusprechen, sie immer wieder mit einzubeziehen, sei es bei Recherchen oder organisatorischen Fragen, ist eines der Grundprinzipien im Community-Journalismus. Daran sollte sich deine zukünftige Planung ausrichten. Ein praktisches Beispiel: Wenn du irgendwann mal auf der Suche nach Redaktionsräumen bist, solltest du dich auch Fragen, wie erreichbar du dort für deine Community bist.
4. Organisiere eine erste Veranstaltung
Wenn du glaubst, dafür bereit zu sein, solltest du darüber nachdenken, eine erste Veranstaltung für deine Community zu organisieren. Weil wir uns in diesem Ansatz ja zuerst darauf konzentrieren, eine Community aufzubauen, ist es wichtig, dass du von Beginn an Räume für den Austausch deiner Community schaffst. Für viele Community-zentrierte Organisationen sind Veranstaltung zurecht das wichtigste Element ihrer Community-Engagement-Strategie.
Wie am Ende von Schritt 3 schon geschrieben: Wann der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist, ist sehr unterschiedlich. Versuche, ein Gefühl dafür zu kriegen, ob du deine Community schon für eine Veranstaltung mobilisieren kannst oder nicht. Das wiederum hängt auch stark vom Thema der Veranstaltung ab.
Zuerst solltest du dich entscheiden: Soll sich deine Veranstaltung um ein Thema drehen, das der Community wichtig ist? Oder möchtest du lieber Menschen zusammenbringen, die über dein neues Lokalmedium diskutieren und direkt von Beginn an mitbestimmen?
Für beides gibt es gute Gründe dafür und dagegen. Gibt es bereits ein Thema, das besonders viele Menschen in deiner Community bewegt und mobilisiert, kann es Sinn machen, zu diesem Thema eine Veranstaltung zu organisieren. Ein Beispiel: Erzählen dir viele Menschen in deiner Community, dass sie sich um die Zukunft der Innenstadt Sorgen machen, könntest du ein Barcamp zur Zukunft der Innenstadt organisieren, bei dem deine Community gemeinsam über positive Visionen diskutieren kann.
Dagegen spricht, dass thematische Veranstaltungen dazu tendieren, eher aufwändig zu sein. Ein Barcamp, eine „Unterhausdebatte” und selbst eine einfache Podiumsdiskussion werden schnell zu einem Haufen Arbeit. Vor allem dann, wenn du noch kein Team hast, das mit anpackt.
Andererseits hast du auch selbst in der Hand, wie aufwändig deine Veranstaltung wird. Zu unserem Beispielthema „Zukunft der Innenstadt” könntest du auch einfach eine großen Tisch in deinem Stammcafé reservieren und Menschen zur einer offenen Diskussionsrunde einladen. Oder, statt am Tisch zu sitzen, gemeinsam einen Stadtspaziergang unternehmen, bei dem deine Community untereinander oder mit Vertretern der Stadtverwaltung diskutieren kann.
Ein weiterer Vorteil einer thematischen Veranstaltung ist, dass du im Nachgang darüber berichten kannst. Das mindeste ist, dass du im nächsten Newsletter beschreiben kannst, was den Menschen besonders wichtig war. Daraus ergeben sich dann wiederrum Ansätze für Recherchen. Vielleicht kommen auch Experten oder Quellen zu deiner Veranstaltung, die dir in der späteren Recherche zu dem Thema helfen können.
Die andere Möglichkeit ist, dass du dein neues Lokalmedium selbst zum Thema deiner ersten Community-Veranstaltung machst. Du kannst mit einer einfachen Frage zu einer solchen Veranstaltung einladen: Was erwarten Sie von Lokaljournalismus? Bei einem solchen Event kannst du deine Ideen präsentieren, dir dazu Feedback holen und darüber sprechen, was die Teilnehmenden sich von einem neuen Lokalmedium wünschen würden.
Bei dieser Art von Veranstaltung ist es sehr wichtig, wie du die Einladung formulierst. Die allermeisten Menschen haben noch nie auf einer Meta-Ebene über (Lokal-)journalismus diskutiert. Deshalb solltest du darauf achten, die Einladung niederschwellig zu halten und zu erklären, warum dir ihre Perspektive wichtig ist und wie sie mitreden können.
Vor allem geht es dabei darum, die Menschen mitzunehmen und sie mitreden zu lassen. Eine solche Veranstaltung kann sich auch gut dazu eignen, ein kleines Team an Mitstreitern aufzubauen. Vielleicht kommen Interessierte, die dich unterstützen wollen.
Sammle auch vor Ort weiter E-Mail-Adressen
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass viele der Teilnehmenden deinen Newsletter bereits abonniert haben. Wenn du nicht sogar mit Anmeldungen arbeitest, solltest du vor Ort auf jeden Fall eine Teilnehmendenliste rumgehen lassen, in die sich Menschen eintragen und bestätigen können, dass sie von dir Updates zur Veranstaltung, sprich deinen Newsletter, bekommen wollen. Du kannst auch QR-Codes aufhängen, mit dem sich Teilnehmende selbst für deinen Newsletter anmelden können.
Berichte darüber, wie deine Veranstaltung gelaufen ist
Egal welche Art von Veranstaltung du machst: Berichte deiner Community im Anschluss in deinem Newsletter davon. Teile ein paar Fotos mit den Abonnenten, fasse aber vor allem die Diskussion und die Ergebnisse zusammen. Erkläre vor allem auch, was mit den Ergebnissen passieren wird. Mache dabei keine falschen Versprechungen. Erkläre auch offen, was vielleicht schiefgelaufen ist, oder warum die Veranstaltung aus deiner Sicht kein Erfolg war, sollte dem so sein.
Nutze alle deine Kontakte zur Vorbereitung und Einladung
Spätestens jetzt in Schritt 4 wirst du merken, wie gut deine Vorarbeit bisher war. In Schritt 2 hast du Kontakte zu Meinungsführern, Community-Leadern, geknüpft. Diese können dir jetzt bei der Planung deiner ersten Veranstaltung hilfreich sein.
Du brauchst einen Veranstaltungsort? -> Vielleicht betreibt einer deiner Kontakte ein Café oder kann dir einen anderen Veranstaltungsort vermitteln.
Du brauchst Technik? -> Vielleicht leiht dir jemand seine pro-bono oder gesponsert.
Du willst die Einladungen breiter streuen? -> Bitte alle deine Meinungsführer, die Einladung auch über ihren Verteiler zu verschicken oder öffentlich darauf aufmerksam zu machen.
Jetzt in Schritt 4 wirst du merken, was für ein Vorteil es sein kann, direkt von Beginn an eine Community-Datenbank aufzubauen. Hast du deine Kontaktliste gut gepflegt und auch die Notizen aus deinen Gesprächen in Schritt 2 eingepflegt, kannst du wahrscheinlich auf einen Blick erkennen, wer dir wobei behilflich sein kann und möchte.
Bitte auch deine schon bestehende kleine Community, die Einladung breiter zu streuen. Bitte die Meinungsführer und Multiplikatoren, deine Einladung in ihrem Netzwerk zu teilen. Du kannst sie auch Fragen, was sie brauchen, um bestmöglich für die deine Veranstaltung zu werben. Um es allen einfacher zu machen, kannst du einen kleinen Einladungstext und ein Grafiken vorbereiten, die die Menschen verwenden können. So kann es jeder in wenigen Minuten per E-Mail, Messenger oder Social Media teilen, ohne groß drüber nachdenken zu müssen.
Kenne deine Grenzen
Selbst wenn du Hilfe aus deiner Community bekommst: Eine Veranstaltung zu organisieren ist immer mehr Arbeit, als man glaubt. Du solltest dir für eine erste Veranstaltung nicht zu viel vornehmen. Fange ruhig klein an, vor allem, wenn du alleine bist. Mache lieber das gut, was du wirklich liefern kannst, plane lieber zu klein als zu groß: Überlegst du dir zum Beispiel ein Format, das nur funktioniert, wenn mindesten 100 Teilnehmende kommen, musst du dir auch sicher sein, dass mindestens so viele kommen.
Es kann sein, dass dir die Leute bei deiner ersten Veranstaltung nicht unbedingt die Bude einrennen. Das ist erstmal vielleicht enttäuschend, aber auch ganz normal. Community-Building ist ein längerer Prozess, mit einer Veranstaltung ist es ohnehin nicht getan. Sie es lieber so: Drei kleinere Veranstaltungen mit weniger Menschen, bei denen du aber enge Beziehungen aufbauen kannst, sind nachhaltiger als eine riesengroße, an du wegen fehlender Ressourcen nicht anknüpfen und geweckte Erwartungen erfüllen kannst.
5. Die nächsten Schritte planen
Ziehen wir kurz Bilanz: Du hast im ersten Schritt nötige Vorbereitungen getroffen, hast deine Community kartiert und Community-Leader identifiziert. Im zweiten Schritt hast du Interviews mit Community-Leadern geführt und im besten Fall erste Partner ins Boot geholt. Im dritten Schritt warst du auf Zuhör-Tour, hast mit mindestens Dutzenden Menschen über ihre Themen und Erwartungen gesprochen und hast etliche E-Mail-Adressen gesammelt, um einen Verteiler aufzubauen. Du hast sogar schon angefangen, zu publizieren, hast jede Woche oder alle zwei Wochen einen Newsletter geschrieben, hast vielleicht schon zu den Themen recherchiert, die deiner Community wichtig sind und erste Geschichten dazu veröffentlicht. Dann bist du noch einen Schritt weitergegangen und hast eine Kick-Off-Veranstaltung organisiert, bei der du deine Community zusammengebracht hast.
Jetzt ist es an der Zeit, die nächsten Schritte zu planen. Du musst dir jetzt viele Dinge überlegen:
Wie baust du ein Team auf?
Wie kannst und möchtest du Geld verdienen?
Was für ein Unternehmen möchtest du gründen?
Wie kannst du weiter wachsen?
Wie willst du den Newsletter inhaltlich ausrichten?
Hier findest du dazu weitere Guides und Best-Practice-Beispiele:
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