Was ist eine Crowdrecherche?
Normalerweise recherchieren Journalistinnen und Journalisten alleine und publizieren dann das Resultat. Crowdrecherchen zeigen einen neuen Weg auf: Betroffene – Mieter*innen, Fußballspieler*innen und viele Andere – teilen ihr Wissen, wichtige Daten und Inputs und schaffen damit die Basis für die journalistische Auswertung. Damit werden die Themen beleuchtet, die der Community wirklich unter den Nägeln brennen.
Durch Crowdrecherchen wird das Engagement jeder und jedes Einzelnen und, fast nebenbei, die Qualität gerade der lokalen und regionalen Berichterstattung gestärkt. Dadurch, dass Betroffene gemeinsam mit Journalistinnen und Journalisten recherchieren, entsteht zudem ein Verständnis dafür, wie guter Journalismus funktioniert: Eine wichtige Basis zur Stärkung der Demokratie.
Was können Crowdrecherchen (und was nicht)? 💪
Die Methode der Crowdrecherche bringt einen Perspektivwechsel im Journalismus. Statt Themen von oben zu setzen, fragt sie: Was bewegt euch? Wo gibt es Missstände? Die Leserschaft kann direkt Erfahrungen und Beobachtungen einreichen, häufig sogar mit Fotos oder anderen Belegen sowie konkreten Lösungsvorschlägen.
Für dich bietet das zwei Vorteile: Du erhältst Zugang zu Geschichten, auf die du sonst nie gestoßen wärst. Und du erkennst frühzeitig Muster und systemische Probleme, die hinter den gesammelten Einzelfällen liegen. Dadurch wird deine Recherche vielfältiger, tiefgründiger – und relevanter.
Außerdem gilt für dich: Die Tatsache, dass Betroffene mitrecherchieren, garantiert dir eine breite Basis relevanter Informationen. Die Ergebnisse werden besser, glaubwürdig und weniger angreifbar, weil Betroffene unmittelbar beteiligt waren. Das hilft dir beim Aufdecken von Missständen.
Crowdrecherchen können allerdings keine repräsentativen Daten sammeln - das ist weder ihre Stärke noch das Ziel. Schließlich befragst du immer nur deine Community und kein repräsentatives Sample. Stattdessen stehen qualitative Hinweise und persönliche Geschichten im Vordergrund. Aus der Vielzahl an Rückmeldungen entstehen journalistische Recherchen mit echtem Tiefgang.
Ein Beispiel - "Achtung, Schulweg!" 🎒
Die Kampagne „Achtung, Schulweg!“, die in der Schweiz und mehreren deutschen Städten durchgeführt wurde, zeigt, was möglich ist: Innerhalb von drei Wochen meldeten Leserinnen und Leser alleine in Köln mehr als 1.300 gefährliche Schulwege. Ein Instagram-Reel erreichte über 40.000 Views, auf Basis der Daten entstanden etwa 20 Artikel – von persönlichen Geschichten über systemische Analysen bis hin zu politischen Forderungen.
Zwar brachte die Kampagne in Köln dem Medienpartner Kölner Stadt-Anzeiger „nur“ fünf neue Paid-Abos, doch das Community-Building – unter anderem die Aktivierung neuer Zielgruppen wie junge Eltern – und die stärkere Wahrnehmung des Mediums machten sie aus Sicht der Redaktionsleitung zu einem Erfolg. Das Beispiel findest du unter diesem Link.
In der Schweiz wurden nach der Recherche mit dem Magazin Beobachter in vielen Gemeinden Zebrastreifen nachgerüstet, weil Zuständigkeitskonflikte aufgedeckt wurden, die vorher niemand thematisiert hatte. Die Crowdrecherche hatte also einen positiven Effekt auf die Sicherheit der Schulkinder.
Was ist der Unterschied zu einer Community-Befragung? 🤷
Bei einer Community-Befragung möchtest du nur ein Stimmungsbild aus der Community einholen. So erkennst du Bedürfnisse, Wünsche oder Meinungen und kannst mit Hilfe dieser Informationen deinen Content verbessern. Beispielsweise kannst du auf Themenwünsche der Community eingehen, oder Texte nach Feedback besser gestalten.
Bei Crowdrecherchen sammelst du gemeinsam mit deiner Community journalistische Informationen, um mit der Recherche gezielt Missstände aufzudecken. Die Community gibt nicht nur Wünsche oder Feedback, sondern liefert die Grundlage deiner Geschichte. Die Beiträge die daraufhin entstehen, hättest du ohne deine Community nicht umsetzen können, da dir gewisse Informationen fehlen. Du fragst deine Community nicht nach ihrer Einschätzung zu deinem Content, sondern erstellst zusammen mit ihr Content. Beispielsweise kannst du so zusammen mit deiner Community gefährliche Kreuzungen innerhalb deiner Stadt mappen.
Wie groß ist der Aufwand für eine Bürgerrecherche? ⌛
Mit Online-Tools, wie dem CrowdNewsroom von beabee, kannst du Crowdrecherchen ohne großes technisches Know-How starten – meist sind sie in einer Stunde eingerichtet. Redaktionell kannst du eine Crowdrecherche bei einer klar umrissenen Fragestellung in ein bis zwei Wochen vorbereiten.
Die Laufzeit liegt idealerweise zwischen vier und sechs Wochen. Während dieser Zeit solltest du Rückmeldungen kontinuierlich auswerten, damit dich die schiere Masse an Material nicht überrollt.
Zudem bekommst du während der Recherche einen Einblick, wo den Beteiligten der Schuh drückt. Die abschließende Auswertung und die anschließenden Recherchen für Artikel dauern in der Regel noch einmal zwei Wochen – abhängig von der Komplexität deiner Recherche und deinen verfügbaren Ressourcen.
Um möglichst viele Menschen zum Mitmachen zu bewegen, ist Kreativität gefragt: Flyer und Postkarten, Social-Media-Kampagnen, Info-Stände und Pop-ups, die Beteiligung betroffener Gruppen und vieles mehr. Wichtig ist: Die Recherche lebt vom Mitmachen – und vom Vertrauen, dass das Gehörte auch ernst genommen wird.
Hier erfährst du, welche Schritte nötig sind, um eine Crowdrecherche ins Leben zu rufen.
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