Ein Weg aus der Krise des Lokaljournalismus

Unsere kurze Einführung in das Thema Community-Journalismus. Du hast Fragen, findest Dinge unverständlich, ungenau oder würdest gerne etwas ergänzen? Dann melde dich gerne bei uns!

Dem Lokaljournalismus geht es nicht gut. Die großen Verlage haben seit Jahren mit schwindenden Einnahmen und Reichweiten zu kämpfen. Auf Werbeeinnahmen setzende Geschäftsmodelle funktionieren kaum noch. Die Versorgung der Zivilgesellschaft mit lokalen Informationsangeboten leidet darunter zunehmend. Auch das Vertrauen in den Journalismus ist längst nicht mehr selbstverständlich. Dabei ist die gesellschaftliche Funktion von Journalismus in der lokalen Demokratie heute wichtiger denn je.

Community-Journalismus ist eine Antwort auf diese Entwicklung.

Kleine, unabhänge Redaktionen, die ihre Inhalte gemeinsam mit ihrer Community entwickeln, bieten mehr als lokale Nachrichten und Information. Sie ermöglichen eine neue Form von Dialog, Begegnung und demokratischer Teilhabe. Sie stiften Identität und Zugehörigkeit und erlauben es auch marginalisierten Gruppen unserer Gesellschaft, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen. Die soziale Funktion von Journalismus rückt damit stärker in den Vordergrund. Menschen aktiv an der Erstellung von journalistischen Inhalten zu beteiligen, stärkt die Demokratie vor Ort und gewinnt das vielerorts verlorengegangene Vertrauen in die Medien zurück.

Darüber hinaus stecken im Community-Jorunalismus auch nachhaltige Wege zur Finanzierung von Lokaljournalismus. Viele unabhängige Redaktionen in Europa und den USA haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sich mit Community-Zentriertheit und Mitgliederfinanzierung im Herzen widerstandsfähige Geschäftsmodelle entwickeln lassen.

Auch in der Corona-Pandemie haben sich kleine, unabhängige und damit flexible Lokalredaktionen mit Mitgliedermodell und innovativen Ansätzen als besonders widerstandsfähig erwiesen. Die französische Redaktion Mediacités konnte beispielsweise von Februar bis Juni 2020 rund ein Fünftel neue Mitglieder gewinnen.

In der folgenden Übersicht haben wir zusammengestellt, was Community-zentriert zur arbeiten und Mitgliederfinanzierung für uns bedeuten. Anschließend gehen wir noch näher auf die einzelnen Punkte ein.

Community-zentriert

Journalismus wird mit der Community gemacht, nicht für sie.

Die Community wird mit in die redaktionellen Abläufe, Recherchen und die Berichterstattung einbezogen.

Inhalte und Distributionswege werden mit der Community abgestimmt.

Aufbau von festen Beziehungen mit einer loyalen Gemeinschaft.

Wirkungsorientiertes Arbeiten mit Ziel, Veränderungen zu bewirken.

Journalismus wird mit der Community gemacht, nicht für sie:

Das alte Modell von Sender und Empfänger wird aufgeweicht, die Community wird zum Herzstück der Lokalredaktion. Dadurch ändert sich auch die Rolle von Lokaljournalistinnen und -journalisten.

Die Community wird mit in die redaktionellen Abläufe, Recherchen und die Berichterstattung einbezogen:

Die Community kann mit ihrem Wissen, Erfahrungen, Expertisen und Einschätzungen zu Recherchen und der allgemeinen Berichterstattung beitragen. Auch Meinungsbilder oder Einschätzungen aus der Community können die Berichterstattung bereichern, genauso wie zum Beispiel offene Redaktionskonferenzen oder Faktenchecks durch Mitglieder.

Inhalte und Distributionswege werden mit der Community abgestimmt.

Die Community kann über die Themen und redaktionellen Schwerpunkte mitentscheiden. Die Community weiß außerdem am besten, wie man sie gut erreichen kann. Deshalb macht es auch Sinn, die Distributionswege und Kanäle mit ihr abzustimmen.

Aufbau von festen Beziehungen mit einer loyalen Gemeinschaft.

Schnelles Wachstum ist im Community-Journalismus weniger das Ziel, als eine vertrauensvolle und enge Beziehung zu den Mitgliedern aufzubauen. "Growth at the speed of trust" ist das Prinzip, nachdem Community-Redaktionen arbeiten. Vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen dauert zwar wesentlich länger, sorgt aber auch für ein nachhaltigeres und viel stabileres Fundament. Ständig neue Mitglieder zu gewinnen ist außerdem viel kosten- und arbeitsintensiver, als bestehende Mitglieder langfristig zu binden. Es macht also auch aus ökonomischer Sicht Sinn, auch wenn es sich erst mit der Zeit auszahlt.

Wirkungsorientiertes Arbeiten mit Ziel, Veränderungen zu bewirken.

Community-Journalismus ziehlt darauf ab, das Leben und die Umgebung der Community-Mitglieder zu verbessern. Kurzfristige Aufmerksamkeit für bestimmte Themen mag manchmal auch sinnvoll sein, bewirkt aber selten echte Veränderung. Community-Journalismus sollte sich deshalb nicht nur auf die Probleme fokussieren, die die Community-Mitglieder vielleicht haben, sondern auch gemeinsam mit ihr nach Lösungen und positiven Visionen suchen.

Mitgliederfinanziert

Finanzierungsmodell über freiwillige Mitgliedsbeiträge.

Frei verfügbare Inhalte, keine Paywall oder Bezahlabos.

Sozialer Vertrag: Menschen zahlen regelmäßigen Beitrag aus Überzeugung.

Zeit und Wissen der Menschen werden Ressource der Redaktion.

Etablieren einer stabilen Grundlage für weitere Ertragsmodelle.

Finanzierungsmodell über freiwillige Mitgliedsbeiträge.

Ein Teil der Einnahmen wird über freiwillige Mitgliedsbeiträge erzielt. Das Mitgliedermodell ist das Herzstück der

Frei verfügbare Inhalte, keine Paywall oder Bezahlabos

Gerade in journalistisch unterversorgten Städten, Landkreisen oder Regionen ist es wichtig für die Demokratie vor Ort, dass es journalistische Inhalte gibt, die frei zugänglich für alle sind. Wichtige Informationen zu bekommen, die zur Meinungs- und Willensbildung beitragen, sollte nicht vom Geldbeutel abhängen.

Menschen zahlen regelmäßig aus Überzeugung.

Die Community-Mitglieder gehen mit der Redaktion einen sozialen Vertrag ein: Sie bezahlen aus der Überzeugung heraus, etwas sinnvolles zu tun. Für ihr Geld kaufen sie sich keine Inhalte, sondern werden Teil von etwas größerem als sie selbst.

Zeit und Wissen der Menschen werden Ressource der Redaktion.

Die Mitglieder geben nicht nur Geld, sie teilen auch ihr Wissen mit der Community und geben ihre Zeit. Beides sind wertvolle Ressourcen, gerade für kleine Teams. Mit ihrem Wissen trägt die Community dazu bei, die journalistische Berichterstattung zu verbessern. Mit ihrer Zeit können Community-Mitglieder Aufgaben übernehmen, die eine kleine Redaktion nicht alleine stemmen kann.

Etablieren einer stabilen Grundlage für weitere Ertragsmodelle.

Mitgliederfinanzierung ist gerade für Lokalredaktionen mit einer kleinen Community häufig nicht ausreichend, um alle Kosten zu decken. Aber sie ist ein stabiles Fundament, eine Art Grundsicherung, auf dem weitere Ertragsmodelle aufgebaut werden können. Gibt es schon zahlende Mitglieder und eine aktive Community, ist das häufig ein gutes Argument, um zum Beispiel Sponsoren, Stiftungen oder Investoren zu gewinnen.

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